An zwei Theaterabenden mit unterschiedlichen Besetzungen, die der Literaturkurs der Jahrgangsstufe 11 unter der Regie von Kursleiterin Sandra Obenhaus gestaltete, stand in der Aula des Friedrich-Bährens-Gymnasiums vor großem Publikum „Das Experiment“ auf dem Programm. Zu diesem Zweck wurde die Aula in ein Gefängnis verwandelt.

Das Stück basiert auf dem 1999 erschienenen Roman „Black Box“ des deutschen Schriftstellers Mario Giordano, und sein Roman wiederum hat ein 1971 an der Stanford University in Palo Alto durchgeführtes Gefängnisexperiment zum Gegenstand. Das historische Stanford-Prison-Experiment musste seinerzeit nach einer Woche abgebrochen werden, und seine Bühnenbearbeitung vermittelt auch Eindrücke, warum dies geschehen musste.

Die Inszenierung der Schülerinnen und Schüler zeigt, wie sich dreizehn Freiwillige für einen Versuch anmelden, in dessen Verlauf Rollenzuschreibungen und die damit verbundene Macht und Unterwerfung analysiert werden sollen. Was von den per Zufall in Wächter und Gefangene eingeteilten Beteiligten zunächst kaum ernst genommen wird, entwickelt jedoch sehr schnell eine Eigendynamik und eskaliert bald in Exzesse verbaler, psychischer und dann auch physischer Gewalt, die vor allem von den Wächtern ausgeht, die ihre Rolle allzu ernst nehmen. Schließlich wird sogar die Laborsituation gesprengt, als den Versuchsleiterinnen Prof. Dr. Thon (Helena Eicher/Kevin Kijas) und Dr. Jutta Grimm (Ida Loser/Paula Bittner) die Kontrolle entgleitet und sie selbst, statt die Fäden in der Hand zu halten, in das Versuchsfeld hineingerissen werden.

  

„Das Experiment“ vermag verschiedene Einsichten zu vermitteln, etwa dass ganz normale, juristisch nie auffällig gewordene Durchschnittsmenschen zu ungeheuerlichen Taten fähig sind, wenn ihnen nur ein wenig Macht über andere anvertraut wird. Was wiederum die Frage aufwerfen muss, ob der Mensch unter bestimmten Bedingungen sein tatsächliches inneres Wesen offenbart, nämlich die unter einer dünnen Schicht Kultur und Zivilisation verborgen liegende Bereitschaft zur Gewalt.

Die Akteurinnen und Akteure boten eine geschlossene Mannschaftsleistung, aus der Luca Boine und Anna Stölzel in der Rolle der aufsässigen Nr. 77, die mit einem Aufenthalt in der Black Box bestraft wurde, herausragten. Als Fels in der Brandung präsentierten sich Florian Peter und Leah Schmidt in der Rolle von Hauptmann Steinhoff von der Luftwaffe mit der Nr. 38, für den das Experiment eine Übung im Umgang mit schwierigen Situationen darstellte. Moritz Vieregge als Wächter Eckert, der im wahren Leben Elvisimitator ist, hielt für das Publikum neben seiner gnadenlosen Art und Weise des Umgangs mit den Häftlingen den ein oder anderen Joke bereit, wohingegen sich Emilia Kockskämper als Gefangene Nr. 11 sehr ernsthaft für das Wohl aller Häftlinge einsetzte und Gewalthandlungen der Wärter provozierte und auf sich nahm.